Donnerstag, 14. Juni 2012

Kuhhandel beim Fiskalpakt zwischen Rot/Grün und Merkelregierung missachtet das Grundgesetz

 Der von der Bundesregierung angestrebte europäische Fiskalpakt ist undemokratsich und unsozial. Er ist der Fahrplan in die Verarmung weiter Bevölkerungsschichten in ganz Europa. Das elemtare Haushaltsecht der Parlamente der europäischen Staaten geht letztendlich an die Kommission in Brüssel über, also von der Legislative zur Exekutive.

 Die Staaten verpflichten sich, in Zukunft bei mehr als 3% des Bruttoinlandprodukts (BIP) Neuverschuldung oder einem Schuldenstand von mehr als 60% des BIP ihre Haushaltsgrundsätze von der Europäischen Kommission genehmigen lassen. Das heisst, sie müssen der Kommission einen Plan vorlegen, wie sie zukünftig höhere Schulden vermeiden wollen. Bei einem Schuldenstand von über 60% des BIP sind die Staaten zukünftig zwingend verpflichtet, diesen jählich um 5% abzubauen. Der schuldenstamd der Bundesrepublik liegt bei etwa 80%. Reichen der Kommissin die eingereichten Sparvorschläge nicht aus, so hat sie gegenüber den nationalen Parlamenten ein Vetorecht.

 Diese einsitig auf die Ausgaben gerichteten Massnahmen werden die Probleme der meisten Länder Europas nicht lösen. Ausgangspunkt der Euro-Schuldenkrise waren ja nicht etwa zu hohe Ausgaben, sondern der unseelige Steuersenkungswettlauf zu Anfang diesen Jahrhunderts. Die Länder Europas überboten sich darin, Unternehmens- Eikommens- und Vermögenssteuern zu senken. Das neoliberale Gerede vom schlanken Staat führte zur Verarmung der öffentlichen Haushalte. Hinzu kam 2007/2008 die internationale Bankenkrise. Die Rettung der, vor dem Konkurs stehenden, Banken finanzierten die Staaten überwiegend mit Krediten.

 Zur Verbesserung der Einnahmeseite sagt der Fiskalpakt gar nichts. Diese ausschliessliche Sicht auf die Ausgaben führt zwangsläufig zur Kürzung bei den Sozialleistungen und Investitionen. Wichtige Vorhaben zur Zukunftssicherung werden in der Folge ausbleiben oder privat finanziert werden.

 Ein bestimmendes Instrument des Fiskalpaktes ist die Schuldenbremse. Sie soll in der Verfassung der Mitgliedsländer verankert werden. Die Schuldenbremse führt zu automatischen Kürzungen der Ausgaben, wenn das strukturelle Defizit eines Haushalts 0,5% des BIP des Landes übersteigt. Hierbei zählt neuerdings nicht nur der Staatshaushalt, sondern auch die Haushalte von Ländern und Gemeinden und die Haushalte der sozialen Sicherungssysteme. Das strukturelle Defizit ist der Teil eines Haushaltsdefizit, der nicht durch die Konjunktur oder einmalige Ereignisse, wie Naturkatastrophen, erzeugt wird. Der Haken an der Sache ist allerdings, das dieses strukturelle Defizit in Zukunft anhand von äusserst umstrittenen statistischen Reihen von Eurobürokraten geschätzt wird, da es keine objektiven Messdaten gibt.

 In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass zum Beispiel der Anteil am Haushaltsdefizit der europäischen Krisenstaaten, der auf die Austeritätspolitik der EU und des IWF zurück zu führen ist, nicht als konjunkturelles, sondern als strukturelles Defizit deklariert wurde. Der Effekt ist eine endlose Abwärtsspirale. Durch zu hoch berechnete strukturelle Defizite muss bei den Ausgaben eingespart werden, durch die Einsparungen sinkt die Konjunktur, die Einnahmen des Staates brechen ein und das strukturelle Defizit erhöht sich. Grenzenloser Sozialabbau und in der Folge eine tiefe wirtschaftliche Depression sind das Ergebnis. Die Auswirkungen sind zur Zeit in Spanien zu beobachten.

 Ein Entrinnen aus diesem Teufelskreis ist praktisch unmöglich. Der Vertrag, einmal ratifiziert und in Kraft getreten, kennt keine Ausstiegsoptionen.

 SPD und Grüne täten also gut daran, gegen den Fiskalpakt zu stimmen. Stattdessen gehen sie mit der Merkelregierung einen Kuhhandel ein, Finanztransaktionssteuer gegen Zustimmung zum Fiskalpakt. Sie  setzen sich damit über klare Bestimmungen des Grundgesetzes und einschlägiger Urteile des Bundesverfassungsgericht hinweg. Aber das Grundgesetz scheint schon länger zu einer verhandelbaren Masse verkommen zu sein, wenn die wahren Herren der Welt, die Banken, Versicherungen, Hedgefonds und Inhaber der Geldvermögen das wünschen.

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