Mittwoch, 6. Juni 2012

Schleckerpleite immer skuriler

  Immer mehr Einzelheiten über die letzten Jahre der Drogeriemarktkette Schlecker kommen an die Öffentlichkeit. Sollten sich alle Fakten und Zahlen bestätigen, dann wird der Eindruck immer deutlicher, dass Anton Schlecker bewusst einen Konkurs über Jahre verschleppt haben könnte, um Teile seines Privatvermögens auf die Kinder Lars und Meike zu übertragen.
 
 Die Schleckerpleite nimmt immer skurilere Formen an. Wurde am Wochenende bekannt, dass Anton Schleckers Kinder, Meike und Lars Schlecker, zusammen noch etwa 35 - 40 Millionen Euro ihr Eigen nennen und die Bitte des Insolvenzverwalters Arndt Geiwitz, 9 Millionen in die Insolvenzmasse einzuzahlen abgelehnt haben, so überrascht uns das Geschwisterpaar heute neuerlich. Die Wirtschaftswoche berichtet, das Lars und Meike Schlecker zu den grossen Gläubigern der Drogeriemarktkette gehören. So verlangt Meike Schlecker 48,43 Millionen Euro, Lars Schlecker 48,9 Millionen Euro und die, den Beiden gehörende, Logistikfirma LDG, 76 Millionen Euro. Macht zusammen 173,33 Millionen Euro.

 Laut Insolvenzverwalter Geiwitz belaufen sich die gesamten Gläubigerforderungen an Schlecker auf 665 Millionen Euro. 173,33 Millionen sind somit 26,2 Prozent aller Forderungen. Hätten die Schleckerkinder auf ihre Forderungen verzichtet, so hätte sich die Auszahlungsrate an die übrigen Gläubiger erheblich erhöht. Angenommen die Gläubiger erhalten 40% ihrer Forderungen, so wären das bei einem Verzicht etwa 54% gewesen. Vielleicht wäre bei einer solchen Quote eine Einigung zur Fortführung der Firma unter einem Investor möglich gewesen. 13.500 Arbeitsplätze wären erhalten worden. Die Krokodilstränen, die Lars Schlecker noch im Februar im ARD-Morgenmagazin vergoss, einzig und allein ein Nachweis hoher schauspielerischer Begabung.

 Immer mehr verdichtet sich der Eindruck, dass Lars und Meike Schlecker an so ziemlich jeder Sauerei in den letzten Jahren beteiligt waren. So haben sie anscheinend die Firma Schlecker-Drogeriemärkte über Jahre hinweg mit Hilfe der Logistikfirma LDG systematisch ausgenommen. Von 2006 bis 2010, so meldet das Handelsblatt hat LDG, die Firma war ausschlieslich für Schlecker tätig, 59 Millionen Euro Gewinn nach Steuern erwirtschaftet. Allein im Jahr 2010 soll LDG mit einem Umsatz von 32,8 Millionen Euro einen Gewinn nach Steuern von 12,2 Millionen Euro erwirtschaftet haben. Das ist ein Nettogewinn von 37,5%. Josef Ackermann von der Deutschen Bank wäre froh gewesen, jemals einen solchen Gewinn erwirtschaftet zu haben, gab er sich in seiner Forderung von 25% Umsatzrendite doch, gemessen mit Schleckermasstäben, eher bescheiden.

 Immer dubioser wird auch die Rolle von Insolvenzverwalter Geiwitz. Der scheint immer noch in Anton Schlecker eine Art Heiligen zu sehen. So ließ er verlauten, man könne Schlecker alles vorwerfen, aber nicht die Rettung von Vermögen in grossem Stil. Schliesslich habe Anton Schlecker in den Jahren 2008 bis 2011 mehrere Hundert Millionen Euro in das Unternehmen gesteckt.

 Entweder ist Geiwitz so dumm, oder er will die Öffentlichkeit bewusst in die Irre führen. Bekannt ist, dass schon 2008 der Versuch 300 - 400 Millionen Euro Kredit von den Banken zu bekommen kläglich gescheitert war. Die Direktoren wollten schon damals einen Insolvenzfachmann zur Beratung hinzuziehen. Schlecker weigerte sich und die Direktoren traten zurück und verliessen das Unternehmen.

 Spätetstens zu diesem Zeitpunkt war Anton Schlecker klar, dass sein Unternehmen nicht mehr zu retten war und somit auch sein anghäuftes Privatvermögen in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro. Nur die Gründung einer GmbH hätte sein Privatvermögen noch retten können. Aber aus seiner Rolle als allein haftender Unternehmer würden ihn seine Gläubiger zu diesem Zeitpunkt nicht mehr entlassen. Er brauchte Zeit, wenigstens einen Teil seines Vermögens noch auf seine Familie zu übertragen, und zwar so sicher, dass bei einem Konkurs kein Gläubiger an die Millionen herankam. Vermögensübertragungen kann der Insolvenzverwalter noch 10 Jahre rückwirkend annulieren.

 So verfiel man auf den Trick, durch Geschäfte mit überhöhten Gewinnen, unter den einzelnen Firmen des Imperiums, Geld vom Vater auf die Kinder zu verschieben. Das konnte aber nur gelingen, wenn diese Geschäfte über mehrere Jahre liefen. Also steckte Schlecker Senior, die bei einer Insolvenz ohnehin vollständig verloren gehende hunderte Millionen Euro aus seinem Privatvermögen, in die Firma, um diese noch ein paar Jährchen über Wasser zu halten und wenigstens einen Teil seines Geldes in Sicherheit zu bringen.

 Dabei täuschte er die Öffentlichkeit und wahrscheinlich auch eine ganze Menge, zumindest kleinerer Lieferanten und die Mitarbeiter über den wahren Zustand seines Unternehmens. Er eröffnete geradezu inflationär neue Filialen. Jede kleine Bude in jedem verlassenen Kaff wurde zu, zum Teil überhöhten Preisen, angemietet. Mit Hilfe dieses immer grösser werdenden Netzes von zumeist unrentablen Filialen, wurde künstlich der Umsatz aufgebläht um bei den Lieferanten längere Zahlungsziele zu erwirken. Schlecker musste erst bei seinen Lieferanten bezahlen, wenn die Ware längst abverkauft war. So gelang es ihm, wie bei einem Schneeballsystem über Jahre, immer so viel Mittel flüssig zu haben, dass er den Eindruck erweckte, die Firma sei liquide.

 Diese Zusammenhänge will der Konkursverwalter Geiwitz anscheinend nicht sehen. Hätte die Familie Schlecker nicht ausschliesslich ihren Vorteil vor Augen gehabt und rechtzeitig Konkurs angemeldet, so wären sicherlich der grösste Teil der Arbeitsplätze erhalten geblieben. Die Staatsanwaltschaft sollte endlich Ermittlungen wegen Konkursverschleppung gegen Anton Schlecker einleiten. Schliesslich gehören mit der Bundesagentur für Arbeit und dem Finanzamt auch Verwalter öffentlicher Mittel zu den Gläubigern.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen