Sonntag, 1. Juli 2012

Unermessliche Schätze menschlicher Geschichte drohen in Mali von Salafisten zerstört zu werden

 In Mali, in Nordwest Afrika haben salafistische Aufständige  in der Stadt Timbuktu ein Weltkulturerbe zerstört, das Mausoleum des sufistischen Heiligen Sidi Mahmud.

 In Mali herrscht seit Anfang des Jahres ein mörderischer Bürgerkrieg, bei dem auf der einen Seite die Zentralregierung im Süden steht, und auf der anderen Seite die Tuareg-Rebellen der MNLA zusammen mit den militanten Islamisten von Ansar Dine (Verteidiger des Islam), Mujao (Bewegung für die Einzigartigkeit des Islams) und AQIM der maghrebinische Arm von Al-Qaida. In den letzten Wochen haben allerdings die islamistischen Kräfte die sufistischen, eher säkularen Tuareg in teilweise blutigen Kämpfen aus den grossen Städten zurückgedrängt.

 Begonnen haben die Auseinadersetzungen zwischen den Tuareg und der malischen Zentralregierung nach dem Tod Muammar al Gaddafis. Die Tuareg, die bis zu Letzt, treu zu Gaddafi standen, flohen aus Libyen und nahmen ihre modernen Waffen mit. Die Franzosen sicherten den Tuareg, die zu den Kämpfer um Misruata gehörten, freies Geleit durch Libyen und Algerien bis nach Mali zu. Dort taten sie sich mit den Stammesangehörigen zusammen die schon zweimal, in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts und in den zeitausender Jahren, versucht hatten in Nordmali einen eigenen Staat zu errichten.

 Innerhalb weniger Wochen eroberten sie fast den gesamten Norden des Landes gegen die nur unzureichend bewaffneten Soldaten der Zentralregierung. In die Hände spielte ihnen dabei auch der Putsch der malischen Militärs gegen die einzige demokratisch gewählte Regierung in Nordafrika. Zunehmend strömten aus aller Herren Länder islamistische Kämpfer nach Mali und übernahmen die Stellungen der Tuareg, die mittlerweile im Norden Malis kaum noch eine Rolle spielen.

 In den, von den Islamisten gehaltenen, Regionen herrschen anarchistische Zustände. Die Scharia wurde eingeführt, Frauen dürfen nur noch tief verschleiert auf die Strassen, Bars, Restaurants und Kino wurden geschlossen oder gar zerstört und die körperlichen Strafen wie Steinigen, Prügelstrafe, Gliedmassen abhacken wurden wieder eingeführt. In den Städten patrolieren Religionspolizisten durch die Strassen.

 Nun beginnen die Salafisten im erst kürzlich eingenommenen Timbuktu damit, die Zeugen der sufistischen Hochkultur mehrerer Jahrhunderte zu zerstören. Der Sufismus ist eine moslemische Sekte, die offen, säkular und nicht doktrinär ist. Den Salafisten gilt sie daher als die Ausgeburt alles Bösen.

 Timbuktu war im 15. und 16 Jahrhundert das Zentrum des muslimischen Glaubens. An die Universitäten der Stadt strömten die Gelehrten der gesamten muslimischen Welt. Heute hat Timbuktu noch drei, in einzigartiger Lehmbauweise errichtet Moscheen, denen unter den Salafisten die totale Zerstörung droht.

 Aber nicht nur wegen dieser einzigartigen Bauwerke, sondern wegen der riesigen Ansammlung alter Bücher aus den Bereichen Geschichte, Astronomie, Musik, Botanik, Genealogie, Anatomie und des Islam wurde Timbuktu zum Weltkulturerbe erklärt. Allein im, von Südafrika finanzierten, Nouvel Institut Ahmed Baba mit einer Grösse von 4800 qm inklusive  Hörsaal und Konferenzräumen lagern rund 30.000 Handschriften. In der Familienbibliothek Fondo Kati, die auf die Sammlung des Entdeckers Mahmoud Kati zurückgeht lagern noch einmal 14.000 Handschriften in Arabisch, Hebräisch und Spanisch. Forscher gehen davon aus, dass in Timbuktu, in Familienbiblotheken noch bis zu 100.000 Handschriften, teilweise bis ins 12. Jahrundert zurückgehend, aufbewahrt werden.

 Dieser unermessliche Schatz droht nun vernichted zu werden, weil er von den Salafisten als Gotteslästerung verstanden wird. Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, gegründet auf Initiative Gaddafis, hat den UN-Sicherheitsrat zum Handeln aufgefordert. Sie selbst ist bereit 3.000 Soldaten für eine regionale Eingreiftruppe zur Verfügung zu stellen, braucht aber zum Handeln die Zustimmung des Sicherheitsrates. Einen ersten Antrag der ECOWAS hatte dieser unter Führung der USA als ungenau zurückgewiesen.

 Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als käme den USA und der gesamten westlichen Welt der Zerfall mancher Staaten wie Libyen, Mali, Jemen, Somalia, Sudan und Syrien nicht ganz ungelegen. Ziehen sie doch die, auf der ganzen Welt zerstreuten, islamistischen Kämpfer an, wie der Honig die Bienen. So, die Annahme der US-Regierung und ihrer Verbündeten, bleiben die, wegen ihres Ölreichtums für die Industriestaaten ungleich wichtigeren Länder der arabischen Halbinsel vom Jihad verschont. Gaddafi, der mit seinem Geld und seiner Militärmacht über Jahrzehnte ein Garant für Frieden in der Region Nordafrika war musste, beseitigt werden. So zerfiel das mühsam austarierte Gleichgewicht und die gesamte Region versank im Chaos.

 Was sind schon Gesundheit, Unversehrtheit und das Leben der Menschen, was sind Zeugnisse vergangener Kulturen, Höchstleistungen menschlichen Geistes, was sind schon Bücher gegen die sichere Versorgung der westlichen Welt mit Öl.

NACHTRAG:
 Ich verwahre mich gegen alle Versuche von bestimmter, rechtsgerichteter Seite, diesen Post für ihre dumpfen, islamfeindliche Propaganda zu missbrauchen.

 Der Autor.

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