Donnerstag, 10. Mai 2012

Über den Wert der Arbeitnehmer und ihre "Anschlussverwendung"

11.000 Entlassungen bei Schlecker, 2500 geplante Entlassungen bei der Lufthansa, 1380 geplante Entlassungen bei Neckermann und 670 geplante Entlassungen bei Iveco-Nutzfahrzeugbau in Ulm. General Motors will die Produktion seines Hauptmodells Astra aus Deutschland abziehen. Dadurch drohen in Rüsselsheim, Bochum und Eisenach auch tausende Arbeitsplätze verloren zu gehen.

 Alle diese Entlassungen oder drohende Entlassungen von, zum Teil, langjährigen Mitarbeitern werden nicht etwa den angeblich zu hohen Lohnkosten in Deutschland geschuldet, oder der Inkompetenz der Arbeitnehmer, oder deren Faulheit. Diese Entlassungen beruhen alle, einzig und allein auf Fehlentscheidungen des Management. Sogenannte Führungskräfte, die unfähig waren und sind, auf die Veränderung der Märkte zu reagieren.

 Bei Schlecker war es der Firmenpatriarch Anton Schlecker, der die Zeichen der Zeit nicht sah, sich unter anderem mit viel zu vielen, viel zu teuren Filialen übernahm und sich mit unprofitablen Eigenmarken verzettelte. Zudem ruinierte er durch seine rigiden Führungsmethoden den Ruf des Unternehmens.

 Die Lufthansa hat, statt in neue, wirtschaftliche Flugzeuge zu investieren, ihr Geld in  verlustbringende Firmenzukäufe gesteckt. Die veraltete Flotte von Maschinen mit hohem Kerosinverbrauch kam die Lufthansa, durch die immense Verteuerung des Flugbenzins, in den letzten Monaten teuer zu stehen und liess den Kranich in die roten Zahlen fliegen. Das hinderte die Geschäftsführung aber nicht daran, in diesem Jahr eine Dividende an die Anteilseigner auszuzahlen.

 Auch bei Neckermann hat man über Jahre die Zeichen der Zeit ignoriert. Das Versandunternehmen, dessen Name wie kein anderer für das deutsche Wirtschaftswunder stand, schlüpfte nach mehreren verlustreichen Jahren 1976 unter das Dach der Karstadt AG. Karstadt, inzwischen in Arcandor umbenannt und in die Hände des windigen, angeblich Wunder vollbringenden Managers, Thomas Middelhoff geraten und selbst in schwerer see unterwegs, verkaufte Neckermann an die Heuschrecke Sun Capitals. Bei Neckermann wurde das Internetgeschäft, anders als bei Konkurent Otto-Versand viel zu spät und auch nur halbherzig angegangen. Schliesslich verlor Sun Capitals die Geduld und auch wohl die Lust, gibt als Konsequenz hieraus alle Eigenmarken auf und trennt sich von Textileinkauf und Logistik.

 Iveco, gehört seit 1975 zum italienischen Fiat-Konzern. Die Firma hat eine fast 150 jährige Tradition und hiess ursprünglich Magirus. 1936 wurde es von Humboldt-Deutz übernommen und firmierte seither unter dem Namen Magirus Deutz. Aus Ulm kamen die legendären luftgekühlten Lastwagen, die besonders in der Baubranche und bei der Feuerwehr beliebt waren. Auf Grund ihrer besonderen Technik waren sie schon in den frühen Jahren der Bundesrepublik ein Exportschlager, besonders in die Tropen und Suptropen wurden sie verkauft. In seiner besten Zeit montierten im Ulmer Werk, tausend Arbeiter bis zu 24.000 LKW im Jahr. Heute sind es noch ganze 8.000. Fiat-Iveco hat es versäumt, die gut eingeführte Marke Magirus weiter zu entwickeln und neue Absatzmärkte zu erschliessen. So liefert das Werk in Ulm, genau wie alle anderen Iveco-Betriebsstätten, fast ausschliesslich in die kriselnden südeuropäischen Länder.

 Opel wird nun schon seit Jahrzehnten von der Mutter aus den USA, General Motors, gegängelt. Die Führungen wechselten oft schneller als die Jahreszeiten. Ein Versager aus den USA löste den anderen ab, ohne auch nur die Spur einer Ahnung vom deutschen oder europäischen Automarkt zu haben. Durch rigorose Kostenreduktion litt die Qualität der Fahrzeuge dermassen, dass die Verkaufszahlen in den Keller rutschten. Jahrelang hatte Opel damit zu kämpfen, dass die potentiellen Käufer von dem Schrottimage der Marke verprellt wurden. Noch dazu, Patente, die in Rüsselsheim oder Bochum entwickelt wurden, transferierte man nach Detroit und verbat gleichzeitig den Opelanern den weltweiten Export ihrer Autos.

 Haarstreubende Fehler einer Kaste, die sich selbst Elite nennt. Hochbezahlte Versager, denen bei einer Krise ihres Unternehmens nur der Abbau von Arbeitsplätzen einfällt. Anstatt innovativ neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen, vernichten sie lieber gewaltige Ressourcen an Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Der Mensch als Kostenfaktor.

 Und die Politik? Unsere Politiker halten dieses unwürdige Spiel mit menschlichen Schicksalen für freie Marktwirtschaft. Anstatt dem Treiben der Nieten in Nadelstreifen durch Gesetze und Verordnungen Grenzen zu setzen, etwa durch eine grössere Haftung der Manager bei Fehlentscheidungen, oder eine Beteiligung der Unternehmen an den Kosten die der Volkswirtschaft durch solchen Dillentatismus entsteht, loben sie das freie Spiel der Kräfte und vertrauen auf die Selbstheilungskräfte des Marktes.

 An dieser Stelle sei der Oberprimaner und leider auch unser Wirtschaftsminister Phillip Rösler anlässlich der Ablehnung der Schlecker-Transfergesellschaft durch die FDP Finanzminister der Länder Niedersachsen, Sachsen und Bayern, Jörg Bode, Sven Morlock und Martin Zeil am 29.03 2012 zitiert:

 „Der Arbeitsmarkt ist gut. Jetzt gilt es, für die Beschäftigten, die mehr als 10.000, vornehmlich Frauen, schnellstmöglich eine Anschlussverwendung selber zu finden.“

 Eine Aussage, wie sie zynischer nicht sein kann. Der Ausdruck „Anschlussverwendung“ zeigt einmal mehr, welches Menschenbild diese marktradikalen Schnösel haben. Die Arbeitnehmer, die Menschen, sind für, und nicht nur für die Vertreter der FDP, bestenfalls noch Produktionsfaktoren, die einer Verwendung zugeführt werden müssen. Wertschätzung eines Menschen nach dem Grad der Verwendungsmöglichkeiten!

 Und wenn für den Menschen keine Verwendungsmöglichkeit mehr besteht oder am Ende seines Arbeitslebens, wenn er endgültig verwertet wurde, wenn er keinen Wert mehr hat, dann soll er bitteschön doch sehen wo er bleibt. Er ist nun wertlos. Er steht nicht mehr zur Anschlussverwendung zur Verfügung, wie die physisch und psychisch Kranken, die Unangepassten, die Aufbegehrenden die, die sich nicht verwenden lassen wollen.

 Hartz IV, Rente mit 67, prekäre Arbeitsverhältnisse, Zeitarbeit, Bezahlung, die nicht ausreicht, das eigene Leben zu finanzieren, dass sind die Folgen dieser Denkweise. Menschliche Arbeitskraft verwenden, sie so billig wie möglich einkaufen und so viel wie möglich aus ihr herausquetschen, das ist das Leitbild unserer Eliten.

7 Kommentare:

  1. Klare radikale Sprache. Es wird Zeit, die Nestbeschmutzer, die Versager, die Kassierer, die wirklichen Schmarotzer der (Sozial-)staaten beim Namen zu nennen!

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    1. Leider geschieht diese Namensnennung ohne sichtlichen Erfolg. Immer mehr wissen Bescheid über das was in dieser Zeit geschieht. Wir wissen Bescheid über Libyen,Syrien,Iran über unseren ESM, über Terrorismus und 9/11 und vieles mehr und auch über deren Hintermänner. Diese lassen sich dadurch nicht stören. Im Gegenteil, sie denken, ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's völlig ungeniert. Sie zeigen uns täglich, welche Macht sie haben. Es liegt an uns, wir sind die Mehrheit, die 99 %, die dieses System nicht mehr bedienen dürfen. Warum sind die Menschen in NRW überhaupt zur Wahl gegangen. Glauben sie wirklich es ändert sich was? Nein, wir müssen das gesamte System boykottieren und völlig anders starten, ohne Gewalt.

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  2. es wird zeit, daß die "nieten in nadelstreifen" aussortiert und durch kompetente leute ersetzt werden ... aber welche nieten können schon entscheiden, wer kompetent ist ... es gilt nach wie vor das "peter-prinzip": jeder steigt solange auf der erfolgsleiter hoch, bis er die stufe seiner eigenen unfähigkeit erreicht hat und verharrt dann dort" ... schauen sie sich mal um, wer wo verharrt

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  3. Bei arcandor sollte die Öffentlichkeit auf die Rolle eines Herrn Esch achten. Sehr interessant und sehr seltsam was der Mann so treibt.

    Bei Neckermann ist schlampig gearbeitet worden. Das sieht amn an den Prsopekten die einem ins Haus flattern ganz deutlich. Die Kunden merken das und der Umsatz sinkt und dann gehts dahin genauso wie bei Schlecker.

    Keine Transfergesellschaft für ex-Schlecker Mitarbeiter zu gründen halte ich für richtig.
    1. In den Transfergesellschaften entsteht nichts Neues.
    2. Die Leute werden nur hingehalten und verarscht und es wird Ihnen Unfug erzählt.
    3. Die Leute werden vom Arbeitsmarkt fern gehalten damit Sie für Arbeitgeber als eingearbeite Kräfte nicht interessant sind.
    4. Durch die Pleite von Schlecker entsteht freier Umsatz im Drogeriebereich.
    Der Umsatz wird von Wettbewerbern im regionalen Handel sozusagen übernommen. Damit müssten dort Mehrarbeit und damit Arbeitsplätze entstehen. FDP-ler sind meist Mittelständler und wissen das deshalb gabs keine Transfergesellschaft. Normalerweise müsste die Bundesagentur für Arbeit hier massiv auf die Arbeitgeber im Handel einwirken und denen das eingearbeitete ex-Schleckerpersonal reindiskutieren. Aber deren Mitarbeitern ist ihr Gehalt auch wichtiger als ihre wirtschaftliche Wirkung.

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  4. nicht zu vergessen die 1000den von Arbeitsplätzen bei den großen legalisierten Spielhöllen mit Schneeballsystem, die sich da nennen, Allianz, AXA, deren Nieten in Nadelstreifen es zwar schaffen, unverdient und auf Kosten der Mitarbeiter die dicke Kohle einzustecken, oder gar ERGO, die ihre Ausgaben für Puffreisen der Leistungsträger ja irgentwie wieder reinkriegen müssen. Die 1000ende von Familien ins Unglück stürzen, weil die Nieten in Nadelstreifen ihre Unfähigkeit verstecken müssen um weiterhin am Topf der Pfründe zu bleiben. Schweine machen den Trog frei, wenn sie satt sind, manche Menschen muß man mit dem Knüppel vertreiben, damit sie Platz machen, Nieten muß man ausbohren.

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  5. nicht der mangel an arbeitsplätzen ist das problem unserer zeit. es ist einfach unsinnig auf teufel komm raus zu produzieren, auch wenn der markt übersättigt und die ressourcen knapp sind.
    und statt nach arbeitsplätzen zu schreien, muß über weniger arbeit für alle und gerechte verteilung der gewinne nachgedacht werden.

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  6. es gibt immer eine Verwertung für den Menschen. D hat da bereits mehrfach vorgedacht. Die Konzepte wurden weiter entwickelt zu Soylent green und yellow und was nicht mehr stofflich verwertbar ist, wird thermisch verwertet. Diese Technik hatte in D bereits vor 70 Jahren Hochkonjunktur. Damals war allerdings der energetische Effekt nicht maßgeblich. Heute muß er beim Kapital und dessen Herren als Legitimation für die Vernichtung von Menschen herhalten, auch wird er nicht mehr auf eine sog. Rasse begrenzt. Das ganze nennt sich dann EEG, für die Monopolisierung des Angebotes und die Vernichtung des Bürgers unter der Obhut des staatlichen Terrors im Auftrag des Kapitals. Deutschland Sie gheil.

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